Notwendige Komponenten aus Sicht der Softwaretechnik
Standardisierte Kommunikation: Eine zentrale Komponente ist die standardisierte Kommunikation. Für diesen Bereich arbeitet die Föderale IT-Kooperation, eine Organisation des IT-Planungsrats, seit einigen Jahren an der Plattform FIT-Connect (produktiv seit April 2022) [1–3]. FIT-Connect stellt eine Basis IT-Infrastruktur für die digitale Antragsstellung für Verwaltungsleistungen dar. Dieses Produkt dient der Anbindung von Fachverfahren sowie der Übertragung von Daten an die Behörde [1]. Damit dies gelingt, ist ein allgemeines Datenformat notwendig, beispielsweise die verwaltungsspezifischen XML-Standards XFall-Daten sowie die dazugehörigen XFall-Container. Die eingehenden Daten müssen dann in den jeweiligen Fachverfahren in deren spezifische Formate umgewandelt werden. Eine Low-Code-Plattform für Organisationen des öffentlichen Sektors muss demnach in der Lage sein, FIT-Connect anzubinden, die entsprechenden Standards zu empfangen und diese schließlich für die Weiterverarbeitung zu übersetzen.
Editieren und Erstellen von Workflows: Die Basis für digitalisierte Verwaltungsabläufe ist die Auseinandersetzung mit Prozessen und die technisch lesbare und ausführbare Abbildung dieser. Dafür gibt es verschiedenste Ansätze, oftmals plattformspezifisch. Orientieren wir uns jedoch an den bereits aufgelisteten Anforderungen, darunter die in dem Programm „Digitales Deutschland“ festgehaltene digitale Souveränität und Interoperabilität sowie die Standards des Föderalen Informationsmanagements, sollten die Workflows in Form von BPMN abbildbar sein. Ein Beispiel hierfür ist die Orchestrierungssoftware Camunda,welche als Workflowengine in die Plattform formsflow.ai integriert wurde.
Prozessorchestrierung: Nachdem die Prozesse modelliert wurden, sollen einzelne wiederkehrende Prozessschritte automatisiert werden. Ziehen wir hierfür wieder den FIM-Standard XProzess heran, müssen die Referenzaktivitätengruppen parametrisiert werden. Ebenso muss darauf geachtet werden, welche Daten in welchem Baustein genutzt werden sollen. Außerdem müssen parametrisierbare Textbausteine bereitstehen, mit denen Bescheide etc. als Ergebnis des Handelns der öffentlichen Verwaltung erstellt werden können.
Nutzer:innenoberflächen und Formulare: Ein zentrales Element von Verwaltungsprozessen ist die Datenerhebung, meist in Form von Formularen. Demnach sollte eine Low-Code-Plattform für öffentliche Verwaltungen entsprechende Gestaltungsmöglichkeiten bei der Anwendungskonfiguration bieten. Als Tool eignet sich hierfür formsflow.ai. Diese Software hat sich auf die Automatisierung von Fachverfahren spezialisiert. Hiermit können Oberflächen wie auch Formulare erzeugt werden. Zur erleichterten Erstellung von bundesweit standardisierten Antragsformularen stellt der FIM-Baustein Datenfelder bereits vorgefertigte Datenfeldschemata im XML-Standard XDatenfeld bereit. Diese Schemata enthalten bereits Formulare inklusive der Datentypen und Regeln für einen möglichen Eingabefluss. Diese sollten im Idealfall importiert werden können [4].
Nutzer:innenfreundlichkeit: Wie sich im bisherigen Verlauf herausgestellt hat, stehen die Mitarbeiter:innen in öffentlichen Verwaltungen trotz der Standardisierungsbemühungen unter steigendem Anpassungsdruck an kurzfristige Anforderungen. Aus diesem Grund sollten Workflows und Formulare möglichst einfach anpassbar sein. Zu diesem Zweck empfiehlt sich ein möglichst intuitives GUI. Dies spielt auch in der täglichen Antragsbearbeitung eine wichtige Rolle.
Änderungs- und Fehlermanagement: Hinsichtlich des Prinzips eines nachvollziehbaren und gesetzeskonformen Verwaltungshandelns, sollten die Sachbearbeiter:innen jederzeit die Möglichkeit haben, an kritischen Punkten aktiv in den Prozess eingreifen zu können, beispielsweise, wenn es um das Treffen von Entscheidungen geht. Das Prinzip des Gestaltungsspielraums von Verwaltungsabläufen birgt jedoch die Gefahr, dass Prozesse oder Formulare fehlerhaft erstellt wurden. Aus diesem Grund sollte auch der Erstellungsprozess in Form eines Änderungsmanagements nachvollziehbar und koordiniert gestaltet sein. Hierfür bietet sich zudem ein Rechte- und Rollensystem an (siehe dazu auch Sicherheitskomponenten).
Datenintegration: Als letzte Komponente muss die Integration in das bestehende oder geplante E-Akte-System erfolgen. Dabei sollen aufgenommene Daten integriert werden können. Da die genutzten Systeme in den einzelnen Bundesländern variieren, muss diese Komponente einzeln angepasst werden. Entsprechend sollte eine Low-Code-Plattform für öffentliche Verwaltungen eine allgemeine Schnittstelle bereitstellen, welche anschließend implementiert werden soll.
Betrachtet man die einzelnen Komponenten, wird deutlich, dass sie den unterschiedlichen Kategorien nach Frank/Maier/Bock (2021) zuzuordnen sind: Das Erstellen und Automatisieren von Workflows, eine nutzer:innenfreundliche Datenverwaltung und ein hoher Grad an System- und Datenintegrationsfähigkeit können als Kernelemente einer Low-Code-Plattform für öffentliche Verwaltungen ausgemacht werden [5].